Eine Mola besteht aus mehreren Lagen von Baumwollstoffen.
Bis zu vier Schichten Stoff werden übereinandergelegt und dann in einer sogenannten "negativen Applikationstechnik" die Grundmuster herausgearbeitet, d.h., die Muster werden
herausgeschnitten und dann mit einer feinen Saumetechnik umgenäht. Anschließend werden von anderen Molas Stoffreste oben aufgenäht und je nach Gestaltung mit feinen Stickereien
verziert.
In der Welt der Kuna dienen Molas zumeist dem Schutz vor negativen Energien oder stellen Szenen und das Umfeld ihres Alltags dar. Ursprünglich handelte es sich um Körperbemalung.
Im Rahmen der Missionierung fand jedoch die "zivilisierte Bekleidung" immer mehr Einzug. Durch die Molas gab es die Möglichkeit für die Kuna, auch während der
Misionsierungsversuche ihre eigene Kultur und Symbolik weiter zu leben.
Die Frauen benötigen zum Erstellen einer Mola zwischen 2 und 4 Wochen, selbst die Mädchen sind schon mit dem Nähen ihrer eigenen Molas beschäftigt. Da die Arbeit im Haushalt und im Dschungel
körperlich oft sehr anstrengend ist, empfinden die Frauen die kreative Handarbeit als angenehme Abwechslung. Jede Frau besitzt mehrere Molas, bis zu 40 Stück können sich im Laufe eines
Lebens
ansammeln. Je nach Situation, Stimmung und Gesundheitszustand wechseln die Frauen ihre Molas. Da die Bedeutungen der Molas meist mit der Abwehr schlechter Energien zu tun haben, tragen die
Frauen auch auf beiden Seiten ihrer Bluse eine Mola, da sich böse Geister auch von hinten nähern könnten.
Kurze Einführung in die Geschichte des indogenen Stammes der Kuna
Die indogenen Kuna, die sich in ihrer Stammessprache "Tule" (Menschen) nennen, leben seit etwa 150 Jahren größtenteils auf den zu Panama gehörenden San-Blas-Inseln (Kuna-Yala).
Ursprünglich lebten die Kuna auf dem Festland im nördlichen Kolumbien, doch Aufgrund von gesundheitlichen, klimatischen und wirtschaftlichen Gründen siedelten sie um auf die
vorgelagerten Inseln von Panama. Von dort aus war der Handelsweg (Kokosnüsse und Schildkrötenpanzer) einfacher und es gab mehr Schutz vor den vielen Moskitos, die eine
Krankheitsübertragungsgefahr darstellen. Ein kleiner Teil der Kuna-Indianer siedelte nicht um sondern blieb weiterhin auf dem Festland.
Zur der Zeit, als der Großteil der Kuna auf die Inseln umsiedelten gehörten sie unfreiwillig zu Kolumbien bzw. zu Panama. Sie einigten sich gemeinsam darauf, als gesamte indogene
Gruppe der Regierung von Panama anzugehören, doch wurden die Forderungen und Verbote der Regierung von Panama ihnen gegenüber immer dreister. So wurde beispielsweise den Kuna-Frauen
verboten, ihre traditionelle Kleidung zu tragen. Es gab organisierte Tanzabende zwischen Kuna-Frauen und Männern aus Panama, um möglichst viele Mischehen zu fördern und auf diese
subtile Art die indogene Kultur zu verdrängen.
Im Jahre 1925 schlossen sich die Kunas zu einer Revolution gegenüber Panama zusammen, erreichten schließlich ihre Unabhängigkeit und errichteten ein bis heute bestehendes eigenes
demokratisches Parlament.
Seit langer Zeit versuchen die Kuna ihre alten Traditionen zu bewahren, sich jedoch nicht komplett von der Außenwelt abzuschotten. Es gibt einige Schulen, in denen unter anderem auch Spanisch
unterrichtet wird, so dass es für die Kuna möglich ist, weiterhin am Handelsleben teilzunehmen. Die Kuna gehören zu dem - vermutlich - einzigen indogenen Stamm, der weiterhin wächst. Nach
unserem Wissen konnte keine andere indogene Volksgruppe ihre Traditionen und ihre Kultur im letzten Jahrhundert so erfolgreich schützen.
Dennoch wird die westliche Welt in dem Leben der Kuna immer präsenter, mittlerweile gibt es auch vereinzelt Internet und Handys in dem ansonsten technik- und stromfreien Alltag. Ein neues
Problem der Insel-Kuna ist der steigende Meeresspiegel verringert, der den Lebensraum der Menschen auf den Kuna-Yalas kontinuierlich jedes Jahr verringert.
Alltag der kolumbianischen Kunas
Diese kleine Einführung in den Alltag der Kuna bezieht sich auf das Dorf Arquia/Ungia im Norden Kolumbiens. Vermutlich wird der Alltag in anderen Regionen wie z.b. auf den bekannteren
San-Blas-Inseln etwas anders gelebt, doch alle Kunas haben die selben Wurzeln, die sich ganz besonders in dem innigen Verhältnis zu der Natur zeigen.
Die Kuna sind ein sehr stolzes Volk und nennen sich in ihrer Stammessprache "Tule", was übersetzt "Menschen" bedeutet. Sie sind sich ihrer eigenen Kultur sehr bewusst und grenzen sich klar von
den Kolumbianern beziehungsweise Panamesen ab.
Meistens leben zwei Familien in einer Hütte: die Wände bestehen aus Bambusstangen, der Boden ist ein einfacher Lehmboden und ein faszinierend gefertigtes Palmdach schützt vor der Tropensonne
und heftigem Niederschlag. Im Inneren gibt es einen Koch-bzw. Wohnraum und einen Schlafraum. In dem Schlafraum sind die Hängematten der Familienmitglieder der Reihe nach aufgespannt.
Die Männer sind tagsüber häufig unterwegs beim Ackerbau oder beim Fischen am Fluß.
Der Anbau besteht hauptsächlich aus Reis, Mais und Platanos, sogenannten Kochbananen.
Die Frauen sind im Haus und um das Haus herum beschäftigt. Noch vor Sonnenaufgang beginnt der Alltag, der zu einem großen Teil aus dem Vorbereiten von Mahlzeiten und Getränken besteht. Gegessen
wird hauptsächlich Fisch und Reis, als Getränk ist ein Mais-Saft sehr beliebt, ebenso auch Kaffe mit viel Zucker. Die Kuna-Frauen nähen ihre Kleidung selber und sind ständig beschäftigt: Feuer
machen, Holz und Wasser holen sind nur ein kleiner Teil der täglichen Arbeit. Die Mädchen zwischen etwa 5 und 11 Jahren sind für die Kleinkinder zuständig. Die Mütter nehmen ihre Säuglinge oft
nur zum Stillen an sich und überlassen sie sonst ganz den jungen Mädchen, um sich ihrer Arbeit widmen zu können. Geradezu erholsam und meditativ empfinden die Mädchen und Frauen das Nähen einer
Mola, da sie bei dieser Tätigkeit im kühlen Schatten ihres Bambushauses sitzen und kreativ sein können anstelle in der drückenden Tropenhitze zu arbeiten.
Das Leben der Kuna ist geprägt von einigen Festen. Für einen Jungen werden zwei Feste ausgerichtet (nach der Geburt und mit etwa drei oder vier Jahren, da dann die lebenskritische Phase vorüber
ist), die Mädchen bekommen vier Feste: die beiden ersten im selben Alter wie die Jungen, dann ein Fest, wenn sie ihre Periode bekommen haben und ein Jahr später das Fest der Freiheit. Nach diesem
Fest der Freiheit werden die Mädchen von ihren Familien für die Heirat freigegeben, wobei der Bräutigam oftmals in die Hütte des Mädchens zieht. Entsprechend früh bekommen die Kuna-Frauen
Nachwuchs und gründen neue Familien, die meisten bleiben innerhalb der Gemeinschaft in ihrem Reservat, manche verlassen ihre Familien und leben in Panama oder Kolumbien.
Die Frauen sind sehr klein (ca 1,40 m), doch unglaublich robust und stark. Sie haben in den Häusern das Sagen und organisieren das gesamte Familienleben. Oft haben die Frauen ihr Reservat nie
verlassen, während die Männer teilweise regelmäßig auf dem kolumbianischen Festland sind um Waren zu verkaufen oder sonstige Anliegen zu klären. Die Lebenserwartung der Kuna ist nicht so hoch wie
bei uns, doch da keine Geburtsjahre gezählt werden lässt sich dazu nichts genaues sagen.
In Arquia gibt es eine Schule, in der unter anderem Spanisch unterrichtet wird. Der Häuptling führt derzeit eine Schulreform durch, die beinhaltet, dass altes traditionelles Wissen und Handwerk,
wie z.B. das Flechten von Körben, ebenso in den Schulen unterrichtet wird wie Mathe und Spanisch. Die Eltern bekommen Schulungen, wie sie dieses Wissen weitergeben können. Geplant ist ein
rotierendes System, in dem jeden Monat eine Mutter oder ein Vater sein Wissen an die Schüler weitergibt, im nächsten Monat ist ein anderer Elternteil an der Reihe. Die fehlende Arbeitskraft, die
durch den unterrichtenden Vater entsteht, wird durch die Dorfgemeinschaft ausgeglichen. Das Großprojekt des Häuptlings ist eine botanische Universität im Dschungel, an der auch Studenten aus
Panama studieren können.
Die Basis alles Schaffens und Tun der Kuna basiert auf dem Einklang mit der Natur. Voller Bewusstsein verzichten sie auf Seife beim Reinigen ihrer Kleider in dem Fluss, sondern arbeiten
stattdessen ausschließlich mit Waschbrettern. Der Wald ist für sie wie ein großer Bruder, und sie sind sich klar darüber, dass sie vollkommen von dem Wald und dem Fluss abhängig sind. Der Fluss
gibt Wasser, reinigt und kühlt, außerdem versorgt er das Dorf mit den Hauptnahrungsmitteln wie Fischen und Krebsen. Der Wald ist nicht nur ein Lebensmittel- und Energiespender, sondern hat auch
heilige Bäume. Von einem dieser heiligen Bäume wird beispielsweise eine bestimmte Frucht geerntet, mit deren schwarzem Saft in Vermischung mit kleingeraspelter Kohle ein schwarzer Nasenstrich bei
den Frauen aufgetragen wird. Dieser Nasenstrich soll negative Energien abhalten.
In dem ganzen Dorf gibt es einen Stromgenerator, der mit Diesel betrieben wird. Tagsüber steht der Generator in der Schule, um den Lehrern ein Arbeiten am Computer zu ermöglichen. Abends wird der
Generator manchmal von Familien ausgeliehen, wenn beispielsweise ein Fest stattfindet. Für den Alltag wird jedoch kein Strom benötigt, auch wenn mittlerweile einige Kunas ein eigenes Handy haben.
Der Einzug der Technik ist eine Entwicklung, die manchen traditionsbewussten Kuna Kopfzerbrechen bereiten. Natürlich wollen auch sie an dem technischen Fortschritt teilhaben, doch befürchten sie
gleichzeitig, dass dadurch ihre Kultur darunter leidet.
Ein weiteres Beispiel für die Schwierigkeiten des Erhaltes der alten Traditionen: Es gibt einen Medizinmann im Dorf, der sein Wissen an seinen Sohn weitergibt wie schon seit Generationen. Doch
die Schwierigkeit, diese ehrvolle Tätigkeit auszuüben besteht unter anderem darin, dass das Reservat - wenn auch Flächenmässig sehr groß - begrenzt ist und manche Heilpflanzen nur außerhalb des
Reservates wachsen. Doch ist die Gefahr eines drei-tägigen Fußmarsches um eine bestimmte Pflanze zu ernten zu groß, da das Gebiet außerhalb des Reservates von paramilitärischen Gruppen
kontrolliert wird und die Kunas dort keinen Schutz genießen, den sie sich innerhalb ihres Reservates bis heute erhalten konnten. Maßgeblich dazu beigetragen hat der Häuptling, der ein sehr
intelligenter Politiker ist.
In dem Dorf lebt derzeit kein Schamane, es gibt also momentan keine spirituelle Führung. Es gab vor einiger Zeit einen Jungen, der als Schamane geboren wurde, doch hatte seine Mutter Angst davor,
diese Verantwortung auf sich zu nehmen, einen Schamanen großzuziehen. Es gibt einen Kuna, den sogenannten "Abzogi", der sich alles Wissen eines Schamanen angeeignet hat. Somit lebt das Wissen
weiter und kann vermittelt werden, wenn eines der vielen Neugeborenen wieder als Schamane erkannt wird.